Was Weihnachten mit Krisen zu tun hat

Nachricht 19. Dezember 2014
2014-12-20Schulweihnkreiszeitung
Lampenfieber war Julia Staus nicht anzumerken. Foto: J. Bohlken-Kreiszeitung

Harmonische Schulfeier in der Christuskirche mit überraschenden Gästen

Harpstedt - (Kreiszeitung  20.12.2014 J. Bohlken) Wer oder was steckt in der Krise? Weihnachten selbst? Oder Menschen, die dieses Fest feiern? Die Mehrdeutigkeit des Themas, das die Haupt- und Realschule Harpstedt für ihre Schulweihnachtsfeier gewählt hatte, war offenkundig beabsichtigt und sollte zum Nachdenken anregen. Mit einem Sketch läutete die Klasse R7a das Geschehen gestern früh in der proppevollen Harpstedter Christuskirche ein. Musik- und Wortbeiträge zum Thema „Weihnachten in der Krise?!“ wechselten sich ab. In Interviews hatten Schüler einige Mitschüler und Leute auf der Straße im Vorfeld danach befragt, wie sie die kommenden Feiertage begehen, was sie dann essen und ob sie auch an diejenigen denken, denen es nicht so gut geht. Das Ergebnis gab‘s in der Kirche in Form eines Films zu sehen. Gitarrenchor und Rockband begeisterten mit „Hymn“ von Barclay James Harvest oder auch John Lennons „Imagine“. Der Schüler Lucas Marquardt glänzte am Steinway-Flügel mit einer Eigenkomposition – und Schülerin Julia Staus mit gesanglichen Qualitäten. „Wenn wir das, was in uns liegt, nach außen in die Welt tragen, geschehen Wunder.“ Mit Sinnsprüchen wie diesem wünschten die Klassensprecher in einem Moment der Stille „frohe Weihnachten“.

Rektor Peter Bilski begrüßte mit dem ehemaligen Lehrerkollegen Frank Zimmermann, der inzwischen an der Europa-Schule Kairo unterrichtet, über die Feiertage aber in der alten Heimat weilt, einen echten Überraschungsgast. „Ich weiß nicht, ob sich das noch steigern lässt. Letztes Jahr tauchtest du hier auf der Leinwand auf. Heute bist du live da. Mal seh'n, was 2015 kommt. Vielleicht stehst du dann sogar hier auf der Bühne. Ich bin gespannt“, sagte der Rektor. Besonders hieß er auch den ebenfalls anwesenden Adalbert Kirchhoff willkommen, den Begründer der Radio-AG, die seit eh und je bei den Schulweihnachtsfeiern die entscheidenden Fäden zieht. Bilski leitete sodann von den kleinen innerfamiliären Krisen an den Festtagen zu den großen globalen Problemen über. „Wir können in den Krisengebieten zwar nicht unmittelbar helfen, aber gleichwohl möchte ich einen kleinen Aufruf an euch Schüler richten: Vielleicht könnt ihr euch in der Zukunft selbst irgendwo engagieren, etwa in Hilfsorganisationen. Im Moment ist die Welt so, wie sie ist – nicht überall schön. Aber ihr könnt versuchen, etwas zu ändern. Auch unsere Umwelt befindet sich in einer Krise“, fuhr der Schulleiter fort und zitierte einen Satz, der auf der Klimakonferenz in Lima gefallen sei: „Wenn jeder vor seiner eigenen Tür kehren würde, wäre die ganze Welt sauberer.“ Bilski ergänzte: „Ich denke, da steckt ‘ne Menge drin. Und wenn ich vor meiner Tür nicht mehr selbst kehren kann, würde ich mir zumindest wünschen, dass ich einen Nachbarn habe, der mir hilft. Dieses Helfen
 
„Ein imposantes ,O du fröhliche‘ reicht nicht“ ist für mich auch etwas, das zu Weihnachten gehört.“  Samtgemeindebürgermeister Herwig Wöbse erinnerte sich an seine eigene Kindheit. „Die Tage vor Weihnachten habe ich immer als stressig und angespannt erlebt. Wir Kinder mussten zur Schule, noch Arbeiten schreiben, noch lernen. Und zu Hause wollte alles sauber gemacht werden. Es sollte ja alles besonders toll sein. Der Baum musste geschmückt und jedes der Geschenke eingepackt werden. So waren für uns vier Kinder unsere Eltern wenig ansprechbar, weil sie so viel um die Ohren hatten. Ich musste erst etwas älter werden, bis ich verstand, dass sie das alles aus Liebe zu uns getan haben.“ Weihnachten selbst blieb Wöbse indes im Rückblick in angenehmer Erinnerung: „Schön fand ich es immer, wenn wir gemeinsam Lieder gesungen haben. Ich bin zwar kein guter Sänger und singe auch nicht gern, aber gemeinsamer Gesang ist etwas, das verbindet“, urteilte der Bürgermeister. Weihnachten bedeute für ihn immer auch Gemeinschaft. Denke er hingegen an Krise, „dann denke ich an ein Jahr, als wir unsere Kinder schon zu Bett gebracht hatten. Meine Eltern haben auf sie aufgepasst. Meine Frau und ich sind zur Kirche gefahren und haben einen schönen Weihnachtsgottesdienst miterlebt. Als wir wieder nach Hause kamen, stand meine Mutter aufgeregt an der Tür, weil meine Tochter akut krank geworden war und wir am Abend noch Arzt und Krankenwagen rufen mussten. Wir waren froh, dass Menschen, die an Weihnachten arbeiten mussten, uns schnell zur Hilfe kamen.“ Aus dieser größten Krise, die er persönlich mit den Festtagen verbinde, habe er auch etwas gelernt, sagte Wöbse. Er nannte es eine „gute Erfahrung“, wenn es gelinge, gemeinsam eine Krise zu bewältigen und sogar gestärkt daraus hervorzugehen.
„Weihnachten liegt in unserer Hand“, gab Pastor Timo Rucks in sehr nachdenklich stimmenden Worten zu bedenken. „Wir können‘s gestalten, können‘s verändern. Ob wir Weihnachten mit oder ohne Jesus feiern, ist unsere Entscheidung. Wenn er dabei sein soll, müssen wir ihn davon überzeugen. Wir müssen ihn dabei haben wollen. Ich denke, dass ein imposantes ,O du fröhliche‘ nicht ausreicht. Auch die Aussage, dass Weihnachten ohne Jesus ja gar keinen Sinn mache, wird ihn nicht hinter dem Ofen hervorlocken. Ein ,Sorry, Jesus, ohne dich kann und will ich nicht leben‘, ist da wirklich angebrachter.“

Kreiszeitung Online v. 20.12.2014