Hommage an Großbritannien

25. Februar 2019

Posaunenkonzert in Harpstedt

Von Günter Matysiak Weser-Kurier 25.02.2019

„Lobet den Herrn mit Posaunen“. So steht es schon in Psalm 150. Und die rund 7000 Posaunenchöre, die es in den evangelischen Kirchengemeinden in Deutschland gibt, tun dies regelmäßig. Sei es im Gottesdienst, sei es in eigenen Konzerten. Es sind in der Regel allerdings keine reinen Posaunenchöre mehr, die Ensembles spielen in gemischten Blechblasbesetzungen. Die seltene Gelegenheit, ein reines Posaunenensemble erleben zu können, hatte das Publikum am frühen Sonntagabend in der fast voll besetzten Christuskirche in Harpstedt. Dort gastierte das Posaunenensemble der Musikhochschule Hannover unter der Leitung von Hannes Dietrich mit einem abendfüllenden Programm, das durchaus – egal, wie der Brexit ausgeht – als Hommage an Großbritannien gelten kann. Das Land ist anscheinend eine Hochburg des Posaunenspiels und der Trombone, wie die Posaune auf Englisch heißt.

Nach Pastor Timo Rucks betont locker-launiger Begrüßung begann das Programm mit einem ausgiebigen „Gruß aus der Küche“, wie Hannes Dietrich das erste Stück bezeichnete. Dies „A Breach of the Peace“ von Simon Wills, diese „öffentliche Ruhestörung“, ließ das Ensemble, drei Damen und acht Herren, in alter Art verteilt über den Kirchenraum, den Klang ihrer Instrumente zwischen dröhnendem Bass und warmen Alt-Höhen in präludierendem Tonfall schon einmal vorstellen: von tiefen Glockentönen bis hin zur typisch englischen, hellen Glockenvielfalt, vom volksliedartigen Choral zum Marsch mit Body-Percussion. All das war dynamisch spannungsvoll aufgebaut bis hin zum letzten Foot-Tap.

Auch die „Vorspeise“ fiel in Form des „Trombone Quartet op. 117" von Derek Bourgois üppig aus. Da gab es drei Sätze kammermusikalischer Intimität im fetzigen Vivace-Tempo, rhythmische Virtuosität der hochpräzisen Art und jeder hatte einmal das Solothema. Der dritte Satz präsentierte klassische Fugato-Kunst. Auch das Adagio war klassisch-romantische Quartettkunst mit seinen lang phrasierten Melodiebögen mit atmenden Übergängen. Gespielt wurde das von Hannes Dietrich, Benedikt Deecken, Eike Nimz und dem aus der Samtgemeinde stammenden Sebastian Voss, über den auch das Konzert zustande kam. Sie sollen hier mit ihrer Kunst genannt sein in Vertretung für die Posaunenkunst des gesamten Ensembles. Das spielte „als ersten Hauptgang“, jetzt geleitet von Tim Kuhlmann, in großer Besetzung mit farbkräftigem Kinosound Klaus Badelts Musik zum Film „Fluch der Karibik“ in Giles Guys wirkungsvoller Bearbeitung. Dafür gab es besonders heftigen Beifall. Mit Peter Gane als Komponisten kündigte Hannes Dietrich, der auch geistreich plaudernd durch das Programm führte, eine Legende der britischen Blechbläserszene an. In seinen „Five Games“ zeigte das Ensemble dann auch alles, „was die Posaune hergibt“ zwischen knackiger Rhythmik und lyrischer Kantabilität.

Von Georg Friedrich Händel, den die Engländer ja für sich vereinnahmten, gab es eine sehr fein ausgehorchte Ouvertüre zur „Feuerwerksmusik“. Auch Posaunen können also pianissimo spielen, die Altposaune singt bis in Sopranhöhen und die hochbewegten Partien der Ouvertüre waren voller Leichtheit. Samuel Barbers berühmtes „Adagio for Strings“ war von expressiver Schönheit, sensibel ausgeformt im melodischen und harmonischen Bereich. Peter Warlocks „Capriol Suite“ war ein Spiel mit alter Musik. Die hier gespielten drei Sätze waren dementsprechend eine verspielte Bläsermusik voller Charme und Esprit. Aus Queens „Bohemian Rhapsodie“ machte das Ensemble ein Posaunenkunstwerk voller klassischer Ausdrucksvielfalt.

Nachdem Hannes Dietrich seine Leute sehr persönlich vorgestellt hatte, gab es mit den drei Sätzen des „Trombone Octett“ von Gordon Jacobs noch einmal eine perfekt der Posaune auf den Leib komponierte Musik im klassischen Sonatengewand: meisterhaft gespielt, voller Klangvielfalt, locker und spielfreudig. Diese Lockerheit steigerte sich nach trampelndem Beifall in der Zugabe. Derek Bourgois „Serenade for Windband“ zeigte in beschwingter Fröhlichkeit, dass Posaunisten auch mit leichtester Duftigkeit spielen können. Wo sie doch sonst im Orchester auch schon mal als zur „Biergarten-Fraktion“ gehörig angesehen werden.

WESER KURIER 25.02.2019