Nach vollem Einsatz auf halber Pfarrstelle: Pastorin Saathoff geht in den Ruhestand

22. Juni 2023

Harpstedt – Freundschaften pflegen, sich den sechs Enkelkindern widmen, Gemeindeglieder im Krankenhaus besuchen: Für solche und andere Dinge bleibt Pastorin Elisabeth Saathoff künftig Zeit. Offiziell beginnt ihr Ruhestand am 1. September. Die Friedensandacht in der Harpstedter Christuskirche am 28. Juli wird aber wegen noch offener Urlaubsansprüche ihre letzte Amtshandlung sein.

Die Brücken in die evangelische Gemeinde Harpstedt will die gebürtige Uelzenerin, seit 1987 in Wildeshausen beheimatet, keineswegs einreißen, wenngleich ihr nicht der Sinn danach steht, Gottesdienstvertretungen zu übernehmen. „Garten kann ich, Handwerk nicht“, kommentiert sie ihr Vorhaben, künftig in der Baugruppe mitzuarbeiten. Dass sie einen Grünen Daumen hat, kann sie demnächst beim Jäten und Co. im Christusgarten beweisen. Ihre eigene grüne Oase könne im Übrigen auch etwas mehr Pflege vertragen, verschweigt sie nicht.

Mit Saathoffs Ausscheiden aus dem Pfarrdienst geht der Christusgemeinde eine (dann eingesparte) halbe Stelle verloren. „Die Vakanz seit dem Weggang des Pastorenpaars Rucks haben wir bislang relativ geräuschlos gemeistert“, urteilt sie. Was sie beruhige: „Wir haben es geschafft, alle meine bisherigen Aufgaben für die unmittelbare Zukunft in gute Hände zu geben.“ Pastor i.R. Jörg Schafmeyer werde auf Grundlage einer landeskirchlichen Regelung „hier zumindest im letzten Quartal 2023 als aktiver Ruheständler eingesetzt“. Er übernehme auch die Betreuung des Frauenkreises. Sämtliche Konfirmanden werde Pastor Karsten Damm-Wagenitz als „Springer“ bis zur Konfirmation führen. Und die Baugruppe sei bei Franz Zawodny in guten Händen.
 

"Die Zeit für die Seelsorge ist knapp geworden."

Elisabeth Saathoff
 

Gleichwohl mache sich die dünne Personaldecke natürlich bemerkbar, vor allem in Urlaubszeiten. „Es wird sich auch einiges ändern“, weiß die Ruheständlerin in spe. „Bis einschließlich Januar werden keine runden Geburtstage mehr besucht.“ Natürlich findet diese Entscheidung keinen Beifall. „Aber an irgendeiner Stelle müssen wir ansetzen, weil der Tag nun mal nur 24 Stunden hat und es einfach nicht mehr zu schaffen ist. Ich finde das schade. Ich habe diese Besuche immer ganz gern gemacht. Aber es ist jetzt eben so“, seufzt Saathoff. Nachdenklich stellt sie fest: „Die Zeit für die Seelsorge ist knapp geworden.“

Gottesdienst im Grünen mit Verabschiedung

Während eines Gottesdienstes im Grünen auf dem Hof von Dörte und Hans-Hermann Lehmkuhl an der Alten Dorfstraße 3 in Klein Henstedt (mit musikalischer Begleitung des Posaunenchores Harpstedt) verabschiedet die Christusgemeinde Elisabeth Saathoff am Sonntag, 2. Juli, 15 Uhr. Sitzgelegenheiten sollten – soweit möglich – von den Gemeindegliedern selbst mitgebracht werden. Die förmliche Entpflichtung der Pastorin nimmt Dr. Jörn-Michael Schröder, Superintendent des Kirchenkreises Syke-Hoya, vor.

Der Wechsel von der Diakonie Himmelsthür in Wildeshausen nach Harpstedt markierte 2009 den Beginn des letzten Abschnitts in Elisabeth Saathoffs Berufsleben. Mit überschaubaren Strukturen vertraut, musste sie an neuer Wirkungsstätte viel größer denken: Ihr Bezirk schloss neben dem Nordosten Harpstedts die Gemeinden Prinzhöfte und Groß Ippener komplett ein. „Das war am Anfang sehr gewöhnungsbedürftig“, denkt die noch 64-Jährige zurück.

„Die Aufgaben sind mit der Zeit gewachsen. Das war sehr ,bedienerfreundlich’. Am Anfang hatte ich im Wesentlichen meinen Bezirk und meine Konfirmanden“, entsinnt sich die Geistliche. Gefallen an der Konfi-Arbeit stellte sich nicht sofort ein. „Der erste Jahrgang war schwierig. Das lag aber nicht an den Konfirmanden, sondern daran, dass ich keine Erfahrung damit hatte. Ich bin mit den Jugendlichen einfach nicht gut in Kontakt gekommen“, verrät Saathoff selbstkritisch. Das habe sich aber dann geändert. Sehr gemocht und genossen hat Saathoff die inklusive Konfi-Arbeit mit Henrike Mildes als Inklusionsbegleiterin an ihrer Seite.

Konfi-Unterricht wurde „erlebnisorientierter“

Die Entwicklung hin zu „erlebnisorientiertem“ Konfirmandenunterricht fand sie gut. Pilgern, Brot backen für „Brot für die Welt“, die Erschaffung eines Kreuzweges auf dem Albertushof, Besuch der Bremer Synagoge im Rahmen des Programms „Meet a Jew“ (Triff einen Juden), Übernachtung in der Christuskirche – solche Aktivitäten seien echte Highlights gewesen und hätten auch zur Erweiterung des Horizonts beigetragen. „Ich finde es einfach wichtig, dass Konfirmanden über den eigenen Tellerrand hinaus blicken und sehen, was es sonst noch gibt“, unterstreicht die Geistliche.
 

"Ich war vielleicht manchmal ein bisschen zu direkt."

Elisabeth Saathoff

 

Nicht um den heißen Brei herumreden, Mut zur Unmissverständlichkeit in der eigenen Ausdrucksweise haben: Das lernte sie bereits als Seelsorgerin in der Diakonie Himmelsthür. In der Christusgemeinde Harpstedt fand ihre klare Sprache, auch beim Predigen, durchaus Wertschätzung. Gleichwohl gesteht sie sich ein: „Ich glaube nicht, dass ich unhöflich war, aber ich war vielleicht manchmal ein bisschen zu direkt.“ Angeeckt sei sie damit aber nicht.

Radelnd legte Saathoff die Strecke zum Dienst und zurück nach Wildeshausen für gewöhnlich zweimal wöchentlich zurück – „analog“ auf einem nur elf Kilogramm schweren Fahrrad ohne E-Motor, aber mit 21 Gängen. In rund 14 Dienstjahren kam sie so auf rund 20 000 Kilometer Strecke – heißt: auf den halben Erdumfang. Sie hätte sogar gern noch öfter in die Pedale getreten. Die Weitläufigkeit ihres bis vor die Tore Delmenhorsts reichenden Bezirks setzte diesem Unterfangen aber Grenzen. Bis zum Albertushof radeln? Das schied als Option aus: „Dann wäre der Tag ja schon zur Hälfte rum gewesen, ehe ich irgendwas getan hätte. Das ging natürlich nicht.“

Die fünf Jahre als Kirchenvorstandsvorsitzende (bis 2015) empfand Saathoff als herausfordernd. „Ich kannte aus der Diakonie heraus die landeskirchlichen Strukturen nicht so gut. Dabei, mich damit vertraut zu machen, ist mir Susanne Lübker aus dem Kirchenamt eine unschätzbare Hilfe gewesen“, bekräftigt die Wildeshauserin.
 

"Am schönsten fand ich, dass ich so anerkannt war."

Elisabeth Saathoff

 

2014 sei ein heftiges Jahr gewesen, als Pastor Werner Richter seinen von langer Hand angekündigten Ruhestand angetreten und „in seinem Windschatten“ der Kollege Gunnar Schulz-Achelis ankündigt habe: „Ich gehe jetzt übrigens auch.“ Mit der Verstärkung durch das Ehepaar Rucks und Pastor Gunnar Bösemann habe sich aber ja „alles wieder gefügt“.

Elisabeth Saathoff eilte der Ruf voraus, auf halber Pfarrstelle vollen Einsatz zu zeigen. „Ich wollte mir immer die Freiheit lassen, auch mal ,Nein’ sagen zu können. Davon habe ich aber selten Gebrauch gemacht, weil ich das, was ich tat, immer alles gern und mit viel Spaß gemacht habe. Am schönsten fand ich, dass ich so anerkannt war“, zieht die Ruheständlerin in spe ein positives Fazit. Ob in Kinderkirche (seit 2012) oder Frauenkreis (seit 2014) – sie habe „die ganze Bandbreite des Gemeindelebens und des Menschseins“ kennengelernt und das als „sehr bereichernd“ empfunden. Dass es nicht das „eine große Superprojekt“ gab, das ihre Handschrift trägt, stört sie nicht. Was ihr keiner nehmen kann: „Ich habe von allen und mit allen viel gelernt.“

Quelle: Kreiszeitung Online 22.06.2023