Gepflegt zu Hause bleiben

07. Mai 2025

Unterwegs mit der Diakoniestation Hoya: Elisabeth Böckmann lebt mit 98 Jahren im eigenen Haus – ihre Familie und die Diakoniestation unterstützen sie dabei

Nicole Badusche liebt ihren Beruf. „Natürlich kann es auch mal anstrengend werden. Aber man bekommt fast immer direkt etwas Positives zurück.“ Foto: Gaby Letzing

Elisabeth Böckmann hat ihre Bettdecke bis an die Nase hochgezogen, als es an der Tür klopft und Nicole Badusche, die Haus- und Familienpflegekraft von der Diakonie, hereinkommt. Ein Lächeln geht über das Gesicht der alten Dame, als sie Nicole Badusche sieht. Vier Mal am Tag kommen die Helferinnen der Diakoniestation zu ihr und sorgen dafür, dass Elisabeth Böckmann trotz Bettlägerigkeit weiter in ihren eigenen Wänden leben kann. Sie will nicht in ein Heim.

Elisabeth Böckmann ist 98 Jahre und rund um die Uhr auf Pflege und Betreuung angewiesen. Das Alter hat ihr viel Kraft genommen. Seit mehr als einem Jahr liegt sie vollständig im Bett. Ihr Sohn Precht, mit dem sie unter einem Dach lebt, ihre Familie und die Mitarbeitenden der Diakonie sind ein eingespieltes Team. Sie sorgen gemeinsam dafür, dass die Seniorin alles bekommt, was sie braucht und zu Hause gut umsorgt ist.

Elisabeth Böckmannund Pflegerin Nicole Badusche kennen sich schon lange. Auch heute freut sich die Seniorin auf die Abwechslung – selbst, wenn sie sich jetzt etwas anstrengen muss. Nicole Badusche bereitet alles vor, um die 98-Jährige aus dem Bett zu holen – Toilettenstuhl und der Lifter stehen bereit. Ganz vorsichtig richtet Nicole Badusche Elisabeth Böckmann mit dem Lifter auf. Die Seniorin steht für einen Moment auf ihren eigenen Füßen und kann dabei nach draußen auf den Hof schauen, auf dem heute Mittag nur ein paar Hühner scharren.

„Wir wollen es schaffen, Oma ein würdevolles Leben in ihren eigenen Wänden zu ermöglichen - bis zum letzten Atemzug“. Annika Dietz-Böckmann ist dankbar über die Hilfe der Diakonie. Foto: Gaby Letzing

Früher war hier richtig was los. Mit ihrem Mann hat Elisabeth Böckmann auf dem eigenen Bauernhof in der Nähe von Hoya gelebt und gearbeitet. Sie war Landwirtin und Ausbilderin in der Hauswirtschaft. Viele junge Frauen haben von ihr gelernt, wie eine richtige Haushaltsführung geht. Sie hat auch vier Kinder großgezogen – neben der vielen Arbeit auf dem Bauernhof. Da gab es keine ruhige Minute. Die Familie war ihr das Wichtigste. „Man musste immer zusammenhalten“, sagt sie. Das hat sie auch ihren Kindern und Enkeln mit auf den Weg gegeben. Mit Erfolg, wie sie heute zufrieden feststellt – die Familie steht auch jetzt zusammen und tut ihr Bestes, um das gemeinsame Leben aller Generationen gut zu gestalten.

Manchmal wird der Zusammenhalt auf eine schwere Probe gestellt. So wurde ihr Sohn Precht (75) vor einiger Zeit plötzlich schwerkrank und fiel sowohl auf dem Hof als auch bei der Pflege seiner Mutter aus. Da traten die drei Kinder und zehn Enkel gemeinsam mit ihren Partnern und der Schwägerin zu einem Krisentreffen zusammen, um zusammen die weitere Versorgung von „Oma Elisabeth“ zu organisieren. Sie erstellten Dienstpläne und Aufgabenlisten. 

Die Diakoniestation, die schon viele Jahre auf dem Hof bei Famiie Böckmann ein und ausgeht, übernahm sofort vier Einsätze am Tag. Alle hielten zusammen für den gemeinsamen Wunsch, dass Elisabeth Böckmann trotz der erschwerten Situation zu Hause bleiben konnte. So konnte sich ihr Sohn um seinen Genesungsprozess kümmern. Inzwischen ist er zum Glück wieder gesund. 

„Mich beeindrucken die Lebensgeschichten meiner Patienten. Wenn ich ihre Hände sehe, frage ich mich jedes Mal, was sie wohl alles schon getragen und gehalten haben“, erzählt Nicole Badusche. Foto: Miriam Unger

Elisabeth Böckmann sitzt gerade wieder auf der Bettkante und wird von Nicole Badusche frisch gemacht. Sie bekommt etwas „Gänsewein“ zu trinken, und darf sich dann wieder ausruhen. Die Seniorin ist richtig müde, so anstrengend war dieser kurze Ausflug aus dem Bett. Währenddessen räumt Nicole auf und schreibt ihre Pflegedokumentation. Im Wohnzimmer spricht sie mit Annika Dietz-Böckmann, der angeheirateten Enkeltochter, die mit ihrem Mann und ihrem Sohn auch auf dem Hof lebt.

Es geht um den Lifter, der erst vor ein paar Wochen auf Anraten der Diakonie-Pflegefachkraft angeschafft wurde. Annika Dietz-Böckmann ist ganz begeistert, wie gut Oma Elisabeth ihn angenommen hat und sich mit dieser Hilfe sogar hinstellen kann. Das macht die Pflege für alle ein wenig leichter.

Annika Dietz-Böckmann sagt zu Nicole Badusche: „Ohne Euren Einsatz und Eure gute Pflege hätten wir es nicht geschafft, dass Oma zu Hause bleiben kann. Wir wollen es schaffen, Oma ein würdevolles Leben in ihren eigenen Wänden zu ermöglichen, bis zum letzten Atemzug. Und wir sind so froh, dass das mit Eurer Hilfe so gut klappt!“

Der Familienzusammenhalt muss natürlich auch gepflegt werden. Daher hat Familie Böckmann seit vielen Jahren ein besonderes Ritual eingerichtet: Die gesamte Familie – Kinder, Enkel, Urenkel, angeheiratet Partner*innen - treffen sich jeweils am ersten Samstag nach dem Geburtstag von Oma Elisabeth zu einem großen Familienfest auf dem Hof. Auf diesen Tag freut sich Elisabeth Böckmann immer besonders. Sie hat gelernt, dass man auch im Bett mitfeiern kann. Und sie wünscht sich von ihren Liebsten, dass es dieses Familienfest weiterhin geben wird, auch wenn sie irgendwann nicht mehr lebt.

Gaby Letzing

„Ich bin gerne Pflegekraft"

„Pflege ist ein Beruf, in dem man nicht nur fachlich und praktisch, sondern auch menschlich gefordert ist. Ich arbeite sehr gerne in meinem Beruf. Denn es macht mir große Freude, für die alten Menschen da zu sein und ihren Wunsch umzusetzen, dass sie würdevoll zu Hause leben können. Natürlich kann es auch mal anstrengend werden. Aber man bekommt fast immer direkt etwas Positives zurück.

Ich arbeite schon über 15 Jahre lang als Haus- und Familien-Pflegerin in der Diakoniestation – erst in Bruchhausen-Vilsen, jetzt in Hoya. Viele der Patienten kenne ich also schon lange, und sie und ihre Familien sind mir vertraut. Es macht mich froh, dass wir mit dafür sorgen können, dass ältere Menschen auch bis ins hohe Alter zu Hause bleiben können.

Mich beeindrucken die Lebensgeschichten meiner Patienten. Ich hätte oft gern mehr Zeit, um ihnen zuzuhören. Wenn ich ihre Hände sehe, dann frage ich mich jedes Mal, was sie wohl alles in all dieser Zeit getragen und gehalten haben...

Ich bin wirklich gerne Pflegekraft. Und ich hoffe, dass später, wenn ich vielleicht mal Hilfe brauche, andere da sind, die mich dann auch gerne pflegen."

Nicole Badusche